Vor kurzem durfte ich Emil und Tulio kennen lernen. Sie sind aus Ecuador angereist, um die inspirierende Geschichte ihres Dorfes Sarayaku zu erzählen. Mehr über die indigene Bevölkerung, die Verteidigung des Dschungels und die Herausforderungen der BewohnerInnen, liest du hier:
Sarayaku…
…ist ein Dorf am Fluss Bobonaza, im Südosten von Ecuador. Es liegt im tiefen Amazonas Dschungel, ist nur mit dem Flugzeug oder dem Kanu erreichbar, und beherbergt seit langer Zeit ein indigenes Volk, das Kichwa genannt wird. In den letzten Jahren kam es allerdings zu Aufregung im Wald und die dort lebenden Menschen mussten um ihre Rechte und Heimat kämpfen, während sie ein wichtiges Stück Natur für die ganze Welt verteidigten.
Wie alles begann:
Im Jahr 2002 veränderte sich der Amazonas Dschungel. Wo früher die einzige Gefahr Tiere waren, kam in diesem Jahr eine weit bedrohlichere hinzu: Der Mensch. Denn in diesem Jahr bekam der argentinische Konzern CGC die Erlaubnis von der ecuadorianischen Regierung im Dschungel nach Erdöl zu bohren. All das wurde beschlossen, ohne der Bevölkerung Bescheid zu geben, sich um sie zu kümmern, oder Verhandlungen zu führen. In den kommenden zehn Jahren änderte sich dadurch das Leben von ca. 1200 Menschen, die abhängig von ihrer Umwelt sind, enorm.
Eines Tages wurde es laut in Sarayaku. Der Lärm von Helikoptern dominierte und ohne Vorwarnung tauchte das bewaffnete Militär auf. Ihr Auftrag: Sie sollten das Land räumen und die BewohnerInnen davon überzeugen ihre Heimat zu verlassen, damit der Wald gerodet und mit den Ölbohrungen begonnen werden konnte. Für die Menschen von Sarajaku machte das keinen Sinn. Sie dachten, das Militär existiere um die Menschen des Landes zu schützen, und nicht die Interessen einer Ölfirma.
Laut ecuadorianischem Gesetz, ist die Oberfläche des Bodens Eigentum der dort lebenden Bevölkerung. Doch das Erdinnere gehört dem Staat, wobei mit dem Zugang zum Erdinneren die Oberfläche und der Lebensraum zerstört wird.
Die Verteidigung des Dschungels
Die Leute von Sarayaku waren bereit zu diskutieren und friedlich ihre Rechte zu verteidigen, da sie keine Unterstützung von der Regierung bekamen. Doch das Militär gab ihnen weder Information, noch zogen sie ab.
Stattdessen, hinterließ das Militär Müll und zeigte keinen Respekt für die Menschen, und das Land auf dem sie lebten. Für die Kichwa war klar, dass etwas getan werden musste. Wenn der Wald erst einmal gerodet und der Boden zerstört war, haben nicht nur sie sondern auch zukünftige Generationen ihren Lebensraum verloren.
Sarayaku war nicht das einzige Dorf das betroffen war. Ein großes Gebiet wurde in verschiedene Blöcke geteilt. Durch Manipulation, Bestechung und Unterdrückung sollten die einzelnen Stämme gegeneinander aufgehetzt werden und schlussendlich vertrieben werden.
Sarayaku verschaffte sich internationales Gehör
Auch die Menschen von Sarayaku hätten ihre Heimat veralssen sollen, wenn es nach dem Ölkonzern ging. Doch das Dorf hielt zusammen und gab nicht auf für den Dschungel zu kämpfen. Nach jahrelangen Diskussionen und Auseinandersetzungen schafften es die Kichwa bis zum internationalen Gerichtshof der Menschenrechte.
17 Menschen wurden von dem Dorf auserwählt, um für die gemeinsamen Rechte zu kämpfen, und beim Gerichtshof vorzusprechen. Zwei Tage berichteten sie von den Vorfällen, und setzten sich für die gesamte Gemeinschaft ein.
Die Rolle der Frauen
Frauen haben in der Gemeinschaft ihren festen Platz und auch in der Verteidigung des Dorfes war ihre Rolle tragend. Aus strategischen Gründen sind nicht die Männer, sondern die Frauen nach vorne gegangen, um für das Dorf mit den Militärs zu verhandeln. Mit Gewalt wollten und konnten sie nicht vorgehen, da sie niemals so stark wie das Militär ausgerüstet gewesen wären.
Die Gemeinschaftsstruktur
Alle zwei Jahre wird in Sarayaku ein Präsident gewählt, der im Interesse aller handeln soll. Er ist Repräsentant und trifft Entscheidungen, für die sieben Nachbarschaften. Jede Familie hat die Chance diesen Posten zu besetzen. Frauen haben hier gleiche Chancen und Rechte wie Männer auf die Führungspositionen und werden für solche auch gerne eingesetzt.
Wie endete der Kampf um den Dschungel?
Im Jahre 2012 hat es das Volk von Sarayaku endlich geschafft den Fall zu gewinnen. Der Konzern wurde angeklagt und aufgefordert alle Sprengstoffe sicher zu entfernen. In Zukunft müssten sie versprechen nie wieder einfach so einzuwandern, und Land an sich reißen zu wollen. Insgesamt zehn Jahre war Sarayaku der Spannung und dem Konflikt mit der Argentinischen Firma ausgesetzt. Nur durch Selbstinitiative und Zusammenhalt konnten sie verteidigen was ihnen heilig ist: die Natur.
Was bedeutet Natur für die Menschen in Sarayaku?
Der Dschungel ist ein lebendiges Wesen. Er schützt, nährt und ist Lebensraum vieler Arten. So sehen das die Menschen aus Sarayaku. Aus den Pflanzen wird Medizin gemacht, aus Yucca stellen sie die Farbe für ihre Körperbemalung her, sie jagen, fischen und bauen Nahrung an, und all das finden sie im Amazonas Dschungel.
All das wäre nicht mehr möglich, würden die Bäume fallen. Denn abgesehen von der Tatsache, dass sich Dynamit unter ihren Füßen befände, würden auch natürliche Gefahren größer werden. Wenn es regnet kann der Bobonaza Fluss bis zu vier Meter steigen. Durch bereits begonnene Rodungen gibt es mittlerweile alle zwei Jahre Überschwemmungen, die alle Samen zerstören.
Auch für das globale Klimasystem hätte die Abholzung fatale Folgen. Denn Rohöl ist ein fossiler Rohstoff, begrenzt vorkommend und trägt bei Verbrennung maßgeblich zur Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre bei. Bäume hingegen wandeln CO2 mithilfe der Photoysnthese in Sauerstoff um, und zusätzlich speichern sie überschüssiges CO2 im Boden.
Nachhaltigkeit in Sarayaku
Das Dorf ist mittlerweile gewachsen und gewisse Traditionen ändern sich. Früher, als weniger Menschen dort lebten, gab es jedes Jahr ein großes Fest, für das Tiere gejagt wurden. Jedes Jahr sind ein paar Männer auf die Jagd gegangen, während alle anderen Zuhause alles für ein großes fest vorbereiteten. Mittlerweile gibt es dieses Fest aber nur mehr alle drei oder vier Jahre. Sie wissen: Wenn zu viel entnommen wird entsteht ein Ungleichgewicht. Deshalb entnehmen sie nicht mehr so viel, damit sich der Bestand an Tieren wieder regenerieren kann.
Die Botschaft von Sarayaku
Die Menschen von Sarajaku erlebten Zustände mit denen sie nicht gerechnet hatten. Doch sie wussten, dass sie den Dschungel verteidigen mussten. Heute geht es den Kichwa darum, mehr Menschen von dieser Geschichte zu erzählen. Sie haben bewiesen, dass auch eine kleine Gemeinschaft Großes bewirken kann. Das wollen sie auch an andere Völker weitergeben.
Neue Projekte für zukünftigen Schutz
In Zukunft sollen Blumenbäume die Grenzen von Sarayaku markieren. Das macht nicht nur sichtbar, sondern auch Menschen von weit her können dadurch ein Stück Sarayaku adoptieren. Damit soll der Dschungel in Zukunft sicher vor Konzerninteressen sein.
Transparenzhinweis: Der Text entstand durch Gespräche mit Emil und Tulio. Die Aussagen wurden nicht nach recherchiert.