Der Klimawandel und die paradoxe Welt des Kaffees

Eine heiße Tasse Kaffee, ein Ritual auf das sich täglich eine Menge Menschen freuen. Doch auch wenn wir eine Ware wie diese lieben halten wir sie oft für selbstverständlich. Das könnte sich ändern, denn der Klimawandel wird laut vielen Studien, diesen Genussfaktor einschränken. Wie sich die Produktion verändern wird, was passieren muss um sie zu erhalten, und wer davon am Meisten betroffen ist, liest du Jetzt.

Jeden Tag werden 1,400 Millionen Tassen Kaffee  konsumiert. Damit ist Kaffee die zweitbeliebteste Ware auf dieser Erde. Für viele Menschen ist Kaffee aber mehr als Genuss und ein Energiekick. 25% der Weltbevölkerung sind direkt oder indirekt auf die Erträge wirtschaftlich angewiesen.

Was man über Kaffee wissen sollte…

In der westlichen Welt kennen wir Kaffee vor allem als braune Bohne oder Pulver. Damit Kaffee jedoch diese Gestalt annimmt muss viel passieren. Der „Geburtsort“ von Kaffee ist Äthiopien. Von dort wurde er in Länder wie Brasilien, dem größten Kaffee Produzenten der Gegenwart, importiert.

Kaffee wächst als Kirsche auf mehrjährigen Bäumen, mit einer Lebenszeit von ca. 50 Jahren. Geerntet wird ca. alle 3 bis 4 Jahre. Das hängt jedoch davon ab, ob alle Bedingungen während Wachstumsphase gestimmt haben. Denn Kaffee ist eine sehr empfindliche Pflanze, vor allem was das Klima betrifft. Sie braucht getrennte Regen und Trockenzeiten, und die Entwicklung ist in Stadien unterteilt, wobei jedes unterschiedliche Anforderungen hat.

Am besten eignen sich  Regenwälder, da es dort warm und nass ist. Das liebt der Kaffee Baum. Je nach Sorte wird eine bestimmte Höhe bevorzugt, Coffea Arabica wächst zum Beispiel ab einer Höhe von 1400 Meter über Seehöhe, in den Gebieten um den Äquator, dem sogenannten Kaffee Gürtel.

80% des weltweit produzierten Kaffees kommt von kleinen Farmen. Dort wird vor allem das Pflücken, aber auch weitere Prozesse mittels Handarbeit erledigt. Das ist keine leichte Arbeit, aber der Aufwand spiegelt sich aber meistens nicht in der Bezahlung wieder. Wie der Prozess ungefähr abläuft siehst du in diesem Video:

Das Kaffee Paradoxon

Hinter einer Tasse Kaffee steckt viel Potential. Das haben auch einige große Unternehmen erkannt, und sich die Machtposition im Kaffee Markt gesichert. Vor allem westliche Akteure kontrollieren den Markt, und verdienen damit viel Geld. Doch die meisten konzentrieren sich dabei nicht auf die Verbesserung der Qualität, Umweltstandards und faire Entlohnung. Stattdessen, wird dem Produkt durch Werbung, Design etc. ein symbolischer Wert verliehen. Vielleicht kennst du ihn auch, diesen George Clooney Moment, bei dem du denkst du trinkst den besten Kaffee auf Erden? Das spielt sich aber vor allem in deinem Kopf ab, denn auch wenn die Fassade glänzt und strahlt, bleibt der Inhalt der selbe.

Symbolischer Wert statt Qualität

Durch diese Verlagerung vom qualitativen auf den symbolischen Wert entsteht ein Paradoxon: Wie kann es sein, dass Kaffee so beliebt ist, die Kaffee Farmen sich es aber immer weniger leisten können den Kaffee zu produzieren? Vor allem seit 1980 ist der Preis für Kaffee um 70% stetig gefallen. Nicht weil die Nachfrage kleiner wurde, oder es Kaffee Bauern leichter haben, oder mehr Kaffee mit weniger Aufwand produziert werden kann. Nein. Das Gegenteil ist der Fall. Für Kaffee Bauern wird es  immer schwerer große Mengen zu produzieren. Denn extreme Wetterereignisse oder Krankheiten, minimieren schon jetzt die Erträge. In Zukunft könnte sich die Situation verschärfen, da der Klimawandel der Chaosbote der Landwirtschaft ist.

Die Ärmsten trifft es zuerst

Einige Studien kommen zu dem Ergebnis, dass vor allem Kleinbauern die Folgen des Klimawandels zu spüren bekommen werden, da sie es sich bei extremen Bedingungen immer weniger leisten können, Kaffee anzubauen. Im Gegensatz zu den 20% der großen Farmen, sind sie stärker abhängig von natürlichen Ressourcen und den Ökosystem Funktionen und haben meist nicht das Geld in große Maschinen oder Pestizide zu investieren, die für die Umwelt zwar schädlich sind, aber dazu führen, dass mehr Geld in der Kasse landet.

Die Armutsspirale dreht sich weiter

Ihnen fehlt außerdem das Kapital um in teure Anpassungsstrategien, Technik, Information oder spezielle Zertifikate wie Fair Trade zu investieren. Denn damit eine Farm zum Beispiel am internationalen Handel teilnehmen kann, muss zuerst Geld bezahlt werden, um die Produktion umzustellen und zum Beispiel für Export Lizenzen zu bezahlen. Deshalb sind sie abhängig von großen Akteuren.

Die Auswirkungen des Klimawandels

Der Klimawandel ist eine der größten Gefahren für den Kaffee Anbau. Bis zu 5,8°C könnte sich die globale Mitteltemperatur der Erde bis 2050 erhöhen, prognostiziert das IPCC. Würde es zu diesem Temperaturanstieg kommen hätten wir mit unglaublichen Problemen zu kämpfen. Deshalb ist die Welt bemüht die globale Erderwärmung auf 2°C zu begrenzen. Doch der Klimawandel ist schon spürbar und für eine sensible Pflanze wie Kaffee erst recht.

Die Gefahr von zusätzlichen Rodungen

Schon heute konnten sich durch die wärmeren Temperaturen Kaffee Krankheiten ausbreiten. Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass auch wenn wir uns bemühen, 50% der derzeitig verfügbaren Flächen nicht mehr für den Anbau von Kaffee geeignet sein werden. Die Kaffee Pflanze wird nach oben wandern und sich in Bereichen ansiedeln, die über 1,400 meter über dem Meeresspiegel sind. Dort gibt es  Regenwald, und 2% der Flächen sind sogar geschützt, zumindest in Ethiopia. Damit erhöht sich das Risiko, dass zusätzliche Flächen im Regenwald gerodet werden. Das bedeutet nicht nur einen Verlust an Artenvielfalt, sondern auch weitere globale Erwärmung.

Durch die steigenden Temperaturen muss die Kaffee Produktion noch weiter nach oben verlegt werden, auf bis zu 2100 m über Meeresspiegel, da es dort kühler ist. Doch dort sind einige Flächen geschützt, und vor allem gehört den Farmern dieses Land nicht. Dadurch könnte es zu Konflikten kommen. Doch auch wenn es zu einer Einigung kommen würde, ist die Fläche begrenzt und dadurch wird die Kaffee Produktion eingeschränkt.

Treibhausgase schwächen die Pflanzen

Auch die Treibhausgase wirken sich auf die Pflanze aus. Studien kommen zu dem Ergebnis, dass wenn sich zu viel CO2 in der Luft befindet, die Abwehrmechanismen der Pflanze gestört werden, und sie so eher anfällig für Krankheiten ist. Das Problem wird verstärkt, in Populationen mit geringer Artendiversität, also in Monokulturen.

Ein Regenchaos bahnt sich an

Auch die Regenperioden sind immer weniger vorhersehbar und durcheinander. Dabei sind abgegrenzte Trockenperioden genauso wichtig wie jene in denen es mehr regnet. Außerdem sollen laut Prognosen, die Regenfälle stärker ausfallen. Das führt neben Fluten zu Erosion und der Auswaschung von wichtigen Mineralien und Nährstoffen.

Ist Fair Trade und Bio Kaffee die Lösung?

Bei den KonsumentInnen sorgt diese Vorgehensweise für Intransparenz. Welchen Kaffee soll ich jetzt kaufen, fragst du dich vielleicht? Seit 2014 wurden mehr als 40% unter freiwilligen Zertifikationssystemen wie Fairtrade, Rainforest Alliance oder UTZ Certified, produziert. Sie sind dafür bekannt etwas gutes für die Umwelt zu tun oder faire Bezahlung zu gewährleisten.

Kann ich damit etwas bewirken?

Dafür bezahlen KonsumentInnen auch mehr. Doch eine Studie zeigt, dass vor allem kleine Farmen oder Hilfsarbeiter nicht viel davon haben. Vor allem große Produzenten und ein paar kleine profitieren von den Standards. Ärmere haben entweder zu wenig Land oder nicht das Kapital um in solche Standards zu investieren. Man kann sich also bei Fair Trade nicht sicher sein, ob der Preisaufschlag wirklich bei den ProduzentInnen ankommt. Das liegt unter anderem daran, dass Fair Trade nicht gesetzlich festgelegt bzw. definiert ist.

zu wenig Nachfrage nach nachhaltigem Kaffee

Außerdem werden nur ca. 25% des nachhaltig produzierten Kaffees verkauft. Das bedeutet für die Farmen, dass sie viel Geld in eine nachhaltige Produktion stecken, sich dabei aber gar nicht sicher sein können, dass dieser gekauft wird. Damit diese Standards also wirklich greifen, müssten die Kleinfarmen entweder finanziell unterstützt werden, oder der Preis beim Endkonsumenten erhöht werden.

Auch große Farmen werden nicht in nachhaltige Bewirtschaftung investieren, wenn die Nachfrage gering bleibt. Trotzdem ist Bio Kaffee besser als die konventionelle Form. Denn im Gegensatz zu Fair Trade ist Bio gesetzlich geschützt, und diese Standards müssen dann auch eingehalten werden. Der Griff ins Bio Regal hilft also.

Was ist nachhaltige Kaffee Produktion?

Wie auch bei anderen Produkten ist die Kostenwahrheit ein wichtiger Schritt zur Sicherstellung von Umweltschutz und sozialer Gerechtigkeit. Oft wird der Preis gesenkt, weil die Kosten für Umweltschäden, Verschmutzung oder soziale Ausbeutung nicht von den Unternehmen bzw. Den KonsumentInnen getragen werden.

Die soziale Komponente

Wenn die Kosten für die Produktion gesenkt werden entsteht vor allem Druck für die Kaffee Bäuerinnen.  Auswirkungen wie Armut werden dann ignoriert, was nicht heißt dass sie nicht früher oder später bezahlt werden müssen. Der Klimawandel ist sozusagen die Rechnung die uns heute auf den Tisch gelegt wird, weil externe Kosten immer öfter einfach nicht abgedeckt wurden, um mehr Profit zu machen. Davon hat vor allem der reiche Westen profitiert.

Menschen in Entwicklungsländern, wo Kaffee produziert wird, leiden aber unter der unfairen Kostenverteilung. Sie müssen immer mehr arbeiten. Auch ihre Kinder werden immer öfter gebraucht, deshalb verpassen sie die Schule und auf lange Sicht die Möglichkeit, einen Weg aus der Armut zu finden.

Die Kombination von Kaffee Stäuchern und anderen Bäumen wie der Banane, macht ebenfalls einen großen Unterschied. Da nicht nur die Kaffee Pflanze vor zu viel Sonne geschützt wird, sonder auch die Bananen gegessen oder verkauft werden können wodurch ihnen zusätzliches Einkommen zur Verfügung steht.

Die Umwelt, Rodung und Anbau…

Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Wälder in Ethiopien von 45 Millionen ha auf 4 Millionen ha bis zum Jahr 2013 gerodet. Mittlerweile wurden in Äthiopien 20% der Flächen, die für die Kaffee Produktion genutzt werden könnten, geschützt. Der Schutz von Regenwäldern ist wichtig, weil sie eine große Rolle im globalen Klimasystem haben. Außerdem wird mit zusätzlicher Rodung, weiteres CO2 freigesetzt, das die Atmosphäre aufheizt und den Klimawandel beschleunigt.

Wie produziert wird macht einen Unterschied. Bei traditionellen Kaffee Systemen, sogenannten Coffee Gardens wird Kaffee unter dem Schatten von Bäumen angebaut. Dadurch bleibt die Artenvielfalt erhalten. Doch wie bei anderen Produkten scheint der Einsatz von Monokulturen attraktiver um die nachgefragten Mengen zu produzieren und den Ertrag zu steigern. Dabei verringern sie nicht nur die Artenvielfalt, sondern die einzelnen Pflanzen sind auch anfälliger für Krankheiten.

Außerdem ist es wichtig wie mit Nährstoffen und Wasser im Boden umgegangen wird. Denn wird künstlich gedüngt oder Pestizide und Herbizide verwendet, verändert das die Dynamik im Boden. Natürliche Methoden wie Mulchen sind ökologisch gesehen viel wertvoller. Um eine Tasse Kaffee zu produzieren braucht man 140 Liter virtuelles Wasser. Hier können Restwasser Bestände verwendet werden oder Regenwasser Becken die zwischen den Pflanzen errichtet werden.

Die Wirtschaft

Doch auch wenn es jetzt vielleicht so klingt als wäre die Lösung einfach, so ist sie das in vielen Fällen nicht. Denn Nachhaltigkeit bezieht sich nicht nur auf die Umwelt und die Menschen, sondern auch auf die Wirtschaft. Ein Unternehmen muss sicherstellen, dass es auch in Zukunft die Arbeitsplätze seiner Angestellten sichert. Für kleinere Unternehmen stellt das ein Problem dar. Große Konzerne hingegen haben in vielen Fällen schon das Kapital um die Produktion nachhaltiger zu gestalten. Wenn wir als KonsumentInnen ein Zeichen setzen und auf Nachhaltigkeit bestehen, werden sie nachziehen müssen.

Welche Möglichkeiten haben also Kaffee Bauen um sich auf den Klimawandel vorzubereiten?

Es gibt  Anpassungsstrategien wie der Einsatz von Mulchen, Schatten Bäumen, oder der Bau von Terrassen Systemen. Mulchen kann zum Beispiel eine kostengünstige Variante sein, wenn Pflanzenreste verwendet werden, die dann Nährstoffe in den Boden eintragen. Auch die Kombination von Kaffee mit anderen Pflanzen wie der Banane ist eine gute, da die Banane nicht sehr viel Wasser beansprucht und die Früchte von den Farmern für zusätzliches Einkommen genutzt werden können. Durch den Einsatz von Schatten Bäumen wird außerdem die Wasser Qualität verbessert oder auch die Temperatur verringert. Denn durch den Schatten kann die Pflanze vor zu viel Strahlung geschützt werden, während die Umgebungstemperatur um ca. 2°C reduziert werden kann.

Es fehlt an Infrastruktur, Finanzierung und Wissen

Neben weiteren natürlichen Maßnahmen können sie aber auch in bessere Technik investieren die zum Beispiel bei der Bewässerung hilft. Ein weiterer wichtiger Bestandteil für gute Vorbereitung ist ausreichendes Wissen über den Klimawandel, und die Möglichkeiten damit umzugehen.

In einer Studie wird der Mangel an Wissen als eine der größeren Hindernisse für einen erfolgreichen Anbau gesehen. Auch die Verbesserung von Infrastruktur also zum Beispiel Straßen, könnte helfen die Kaffee Produktion weiterhin aufrecht zu erhalten.

All das kostet aber vor allem Zeit, Geld und Mühe. Nun, um die Kaffee Bauern zu unterstützen wäre bessere Finanzierung notwendig. Die ökologische Perspektive verlangt bessere Gesetze, die den Boden, das Wasser, die Tiere und das Klima schützen. Solche Gesetze brauchen allerdings Zeit und deshalb ist Gestern der perfekte Zeitpunkt um damit anzufangen.

Die Rolle der Unternehmen und KonsumentInnen

Außerdem betrifft eine Herausforderung wie diese alle Bereiche. Auch die Unternehmen sollten deshalb Geld in die Hand nehmen, um den Kaffee Bauern unter die Arme zu greifen und nachhaltigen Anbau zu fördern. Denn wenn kein Kaffee mehr wächst, hat niemand was davon.

Als KonsumentInnen können wir zumindest die Nachfrage nach nachhaltig produziertem Kaffee steigern. Ein Wechsel des Fokus von angesagten zu umwelt- und sozial verträglichen Produkten, könnte hier einen großen Stein ins Rollen bringen. Außerdem sollte man Kaffee als das sehen was er ist, ein Genussmittel und für manche ein Suchtmittel. Mehr davon ist nicht immer besser, manchmal führt uns das Verlangen nach mehr in eine Abhängigkeit und zu irrationalem Verhalten.

Wie viel davon brauche ich wirklich, und warum habe ich das Verlangen danach, sind Fragen die es sich zu stellen lohnt. Denn meiner Meinung nach ist das der Beginn von bewusstem Konsum. Wenn Kaffee wirklich so wichtig für uns ist, können wir auch lernen ihn wieder mehr zu schätzen und bewusst zu genießen. Die Umwelt und die Menschen hinter deiner Tasse Kaffee werden es dir danken.

Teamwork ist gefragt

Denn, dass sich das Klima in einem Tempo ändert, das wir so nicht kennen, und schon jetzt für Katastrophen verantwortlich ist, lässt sich kaum verneinen. Der Klimawandel beeinflusst schon jetzt die Welt, wie wir sie kennen. Global warten Herausforderungen auf uns, die wir uns möglicherweise gar nicht vorstellen können, aber sollten sie eintreten, muss sich die Menschheit anpassen. Das bezieht sich auch auf ein so scheinbar selbstverständliches Produkt wie Kaffee.

Es geht jetzt darum wie wir als Menschheit zusammenarbeiten um uns erfolgreich anzupassen. Denn beim Klimawandel steht nicht die Zukunft der Erde auf dem Spiel, sondern unsere.

 

 

 

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