Der Kaffee am Morgen, das Wasser zwischendurch, der Sauerstoff mit jedem Atemzug – all das liefert die Natur. Notwendig dafür ist Biodiversität. Was man darunter versteht und warum wir nicht nur Arten schützen müssen, erfährst du hier:
Bäume liefern Sauerstoff, den wir einatmen. Bienen bestäuben Pflanzen, die wir essen. Mangrovenwälder und Korallenriffe schützen uns vor Naturgefahren, wie Tsunamis. All das ist möglich durch Biodiversität. Darunter versteht man die Vielfalt des Lebens in all seinen Formen, Farben und Wechselwirkungen.
Was der Verlust von Biodiversität wirklich bedeutet ist nur schwer vorstellbar. Klar ist aber, dass wir Menschen von dieser Vielfalt abhängig, und gleichzeitig der Grund für die aktuell rasante Abnahme sind. Etwa 150 Arten sterben pro Tag vor unseren Augen aus, wobei viele Verluste unentdeckt bleiben. Ungefähr 2 Millionen Arten wurden bisher wissenschaftlich beschrieben. Knapp 9 Millionen Arten könnte es laut Schätzungen insgesamt geben. Gleichzeitig ist das nur die Spitze des Eisberges, denn Biodiversität bedeutet mehr als Artenvielfalt.
Was bedeutet Biodiversität?
Biodiversität ist ein Überbegriff für die Vielfalt des Lebens auf diesem Planeten, die sich im Laufe der Evolution entwickelt. Sie ist das lebende Netzwerk von Individuen, Arten und Ökosystemen, die ständig im Austausch miteinander stehen. In der Wissenschaft wird Biodiversität bzw. biologische Vielfalt in mindestens drei Ebenen eingeteilt:
1. Genetische Vielfalt: Kein Lebewesen gleicht dem anderen
Gene sind die Bausteine unserer individuellen DNA. Nicht nur zwischen Arten gibt es eine große Vielfalt. Auch innerhalb einer Art lassen sich Unterschiede erkennen. Unsere Gene sind wie eine Bibliothek des Lebens, in der biologische Informationen unserer Vorfahren niedergeschrieben wurden.
Genetische Vielfalt bedeutet, dass es verschiedene Varianten von Genen gibt, die zu unterschiedlichen Ausprägungen eines Merkmals, wie zum Beispiel der Augenfarbe, führen. Die Gen-Varianten, die der Art am nützlichsten sind, setzen sich meist durch. Damit ist genetische Vielfalt der Schlüssel für Anpassungen an sich verändernde Umweltbedingungen oder Krankheiten, und Voraussetzung dafür, dass Arten erfolgreich und Ökosysteme stabil bleiben.
Für Honigbienen (Apis mellifera) ist eine hohe genetische Diversität besonders wichtig. Die Königsbiene paart sich mit durchschnittlich 12 Männchen. Dadurch erhöht sich die genetische Vielfalt in einer Kolonie. Das führt zu mehr Produktivität und einer erhöhten Überlebenswahrscheinlichkeit, da Kolonien mit einer hohen genetischen Vielfalt, weniger anfällig für Krankheitserreger sind.
2. Artenvielfalt: Aufgabenverteilung im Haushalt der Natur
Die biologische Vielfalt an und zwischen Arten können wir am leichtesten bei Pflanzen oder Tieren beobachten, aber auch die Artenvielfalt von Bakterien und Pilzen spielt eine wichtige Rolle. Jede Art ist angepasst an eine bestimmte Umgebung und übernimmt eine Aufgabe im Haushalt der Natur. Dabei geht es nicht nur um fressen oder gefressen werden, sondern auch um zahlreiche Wechselwirkungen und Abhängigkeiten, die so etwas wie ein ökologisches Gleichgewicht ermöglichen.
Warum es Artenvielfalt braucht, zeigt ein Experiment, das Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Utah durchgeführt haben. Pflanzen, die auf dem Versuchsfeld wuchsen, hatten eine tödliche Pilzkrankheit. Da Gifte als Gegenmittel keine Wirkung mehr zeigten, griffen die Forscher*innen zu einem Mix aus verschiedenen Bodenbakterien. Erst die Kombination aus drei oder fünf Bakterienarten konnte die Pflanzen ausreichend vor dem Pilz schützen. Das ist der Grund, warum es auch in Böden eine hohe Artenvielfalt braucht.
3. Vielfalt der Ökosysteme: Ein Zuhause für jeden Geschmack
Moore, Meere, Wälder, Wüsten und Wiesen – all das sind Ökosysteme. Sie bestehen aus einem Lebensraum und Lebewesen, welche in ständigem Austausch miteinander stehen und als funktionale Einheit agieren. Gibt es eine Vielzahl an Ökosystemen, finden die unterschiedlichsten Arten darin einen Lebensraum. Gleichzeitig brauchen Ökosysteme auch die Artenvielfalt, denn sie macht Ökosysteme in der Regel stabiler und widerstandsfähiger.
Wie sehr eine Art von einem Lebensraum abhängig ist und ihn gleichzeitig formt, können wir am besten beim Menschen (Homo sapiens) beobachten. Laut Schätzungen des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) wurden bereits 77 Prozent der Landfläche und 87 Prozent der Ozeane stark von uns Menschen verändert und das hat Auswirkungen auf die Biodiversität. Auch für die Klimakrise ist der Mensch verantwortlich und es ist wissenschaftlich bewiesen, dass eine hohe Biodiversität auf allen Ebenen, wichtig für Klimaschutz und Anpassung ist.
Beispielsweise konnte in einem Waldexperiment in China gezeigt werden, dass im Vergleich zu einem Wald mit nur einer Baumart, ein Wald mit 16 Baumarten mehr als doppelt so viel Kohlenstoff speichern kann.
Biodiversität – Ein Wort mit viel Bedeutung
Hinter dem Wort Biodiversität verbirgt sich also eine Menge. Die offizielle Definition der UN-Biodiversitätkonvention (Convention on biological diversity) lautet: „Biologische Vielfalt bedeutet die Variabilität unter lebenden Organismen aus allen Quellen, einschließlich u. a. terrestrischer, mariner und anderer aquatischer Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören: Dies umfasst die Vielfalt innerhalb von Arten, zwischen Arten und von Ökosystemen.“
Weitere Ebenen der Biodiversität sind die funktionale Diversität, welche die Vielfalt der Wechselwirkungen und Funktionen beschreibt und die kulturelle Diversität, mit der die Vielfalt an Verhaltensweisen von Tieren (inklusive Menschen) gemeint ist.
Für uns Menschen hat Biodiversität eine enorme Bedeutung. Das wissen wir, obwohl nicht alle Arten, Ökosysteme und Gene vollständig erforscht wurden. Vieles gilt es noch zu entdecken oder zu verstehen, aber das sollte uns nicht davon abhalten unsere Lebensgrundlagen zu schützen.
Welche Lösungen es für die Biodiversitätskrise gibt, liest du hier.
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