Die Covid-19 Pandemie hat viele Leben verändert. Was wir aus den aktuellen Entwicklungen lernen können und warum mehr Artenschutz auch uns Menschen schützt, liest du Hier.
Lesezeit: 10 Minuten
In den letzten Wochen und mittlerweile Monaten hat sich die ganze Welt, so wie wir sie einst kannten, auf den Kopf gestellt. Das Tempo wurde von gefühlter Morpsgeschwindigkeit auf Schritttempo herunter gebremst. Wir wurden an unsere eigene Vergänglichkeit erinnert und daran, dass all das was wir so sehr schätzen nicht selbstverständlich ist.
Um die Kurve der mit Covid-19 Infizierten abzuflachen, und einen Kollaps des Gesundheitssystems zu vermeiden, wurden weltweit Maßnahmen gesetzt. So wurden leere Straßen, Menschen mit Masken und Social distancing zu unserer neuen Realität. Dinge die einst unmöglich schienen, sind heute zu festem Bestandteil unseres Alltags geworden.
Neben Trauer, Angst und Unsicherheit liegen auch positive Gefühle wie Hoffnung und Dankbarkeit in der Luft. Tatsächlich kann uns eine Situation wie diese sehr viel lehren. Wichtig ist aber vor allem auch, was wir in der Gegenwart ändern können, um solche Entwicklungen in Zukunft zu vermeiden. Wie bei den meisten großen Herausforderungen unserer Zeit spielen Mensch und Natur die Hauptrolle.
Corona – Keine Überraschung
Eine Pandemie wie Covid-19 war keine Überraschung oder Schicksal. Es war eine Frage der Zeit. Schon 2015 hat Bill Gates darauf aufmerksam gemacht, dass eine der größten Bedrohungen der Menschen eine Pandemie sei und, dass unsere Gesundheitssysteme dafür nicht gerüstet wären. Fünf Jahre später spüren wir die Realität mit voller Intensität.
Zu oft machen wir uns bei Problemen vor allem Gedanken darüber, wie wir sie schnell lösen können, um die Symptome zu lindern und wieder in Ruhe weiterleben zu können. Dieses Mal sollten wir die Ursachen nicht ignorieren. Die Erkenntnisse und Veränderungen, die daraus folgen, können uns in Zukunft vor weiteren tragischen Entwicklungen schützen.
Eine Ursache: Die Zerstörung der Umwelt
Interessant ist, dass die großen Probleme dieser Zeit oft damit zusammenhängen, wie wir Menschen mit der Umwelt umgehen. Das sieht man beim Klimawandel, aber auch anhand der aktuellen Corona Krise. Die Natur funktioniert nach Gesetzmäßigkeiten. Wenn wir diese ignorieren, müssen wir mit den Konsequenzen leben. So wie jetzt, denn eine Zerstörung der Umwelt begünstigt Pandemien.
Corona: Eine Zoonose wird zur Pandemie
Laut einer Studie sollen mehr als 70% der neu auftretenden Infektionskrankheiten, von Tieren übertragen werden. Man nennt sie Zoonosen. Auch SARS-CoV-2 soll ein Virus sein, der die Mensch-Tier Schranke überwunden hat. Das passierte allerdings nicht zum ersten Mal. In der Vergangenheit haben Zoonosen den Menschen schon oft in Bedrängnis gebracht: HIV soll zum Beispiel ursprünglich von Gorillas und Schimpansen auf den Menschen übertragen worden sein, aber auch die Schweine- und Vogelgrippe, Ebola, Sars oder Mers waren Zoonosen. Das sind Krankheiten die, die Mensch-Tier Schranke überwinden.
Menschen infizieren sich vor allem durch engen Kontakt zu Wildtieren. Indem wir die Tiere fangen, einsperren und ihr Fleisch essen, ermöglichen wir es den Viren erst, Kontrolle über unsere Körper zu übernehmen. Wir Menschen tragen deshalb Mitschuld an der Ausbreitung dieses Virus. Folgende Gründe begünstigen die Verbreitung von Zoonosen:
1. Die Lebensraumzerstörung
Die Bevölkerung wächst und wir Menschen nehmen immer mehr! Wir versiegeln Flächen, roden Wälder, vertreiben Tiere von ihrem natürlichen Lebensraum und drängen sie dicht aneinander. Dadurch müssen sie sich neue Lebensräume, Futter- und Brutplätze suchen, wodurch auch wilde Tiere immer öfter mit uns Menschen in Kontakt kommen. So können Viren nicht nur leichter von Tier zu Tier überspringen, sondern auch auf Menschen.
2. Die Qualvolle Haltung und Stress
Covid-19 zeigt, dass wir den Umgang mit den Tieren dieser Erde überdenken sollten. Nicht nur, weil es grausam ist, sondern weil wir uns damit sogar selbst schaden.
Im Allgemeinen behandeln wir Menschen Tiere nicht gut. Nur die wenigsten Tiere schaffen es, unser Herz zu erobern und von uns Menschen als Familienmitglied gesehen zu werden. Die meisten werden leider nicht mal als Lebewesen behandelt, sondern als Spielzeug, Nahrung, Kleidung, oder für Unterhaltungszwecke missbraucht.
Die unnatürliche und krankheitsfördernde Haltung, die auf der ganzen Welt Gang und Gebe ist, löst Stress aus. Im Falle des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 sollen die infizierten Fledermäuse unter, vom Menschen ausgelösten, Stress gestanden haben. Das soll die Übertragung der Krankheit maßgeblich beeinflusst und begünstigt haben.
3. Der globale Austausch
Die Globalisierung brachte einiges Positives. Doch sie ermöglicht auch, dass Viren oder auch Lebewesen, die nie an das andere Ende der Welt gelangt wären, plötzlich die ganze Erde erobern. So werden Virenstämme vermischt, die weder vor Menschen noch Tieren – egal ob am Land oder im Wasser – Halt machen.
4. Der fortschreitende Biodiversitätsverlust
Je mehr wir zur weiteren Abnahme der Biodiversität auf diesem Planeten beitragen, desto größer wird das Risiko der Übertragung von Viren auf den Menschen. In ungestörten Ökosystemen verteilen sich Tiere besser und kommen wenig bis gar nicht in Kontakt zu uns Menschen.
Durch eine Vielzahl von Arten verteilen sich Tiere besser und eine großflächige Ausbreitung wird verhindert, weil die Viren nicht so leicht passende Wirte finden. Wenn wir also nicht weiter in die Lebensräume von Wildtieren eingreifen und stattdessen Lebensräume schützen würden, könnten wir nicht nur bedrohte Arten retten, sondern schlussendlich uns alle.
Covid-19 und der Wildtierhandel
Covid-19 hat den Scheinwerfer der Aufmerksamkeit auf ein Thema gerichtet, das selten öffentlich behandelt wird: den illegalen Wildtierhandel. Indizien sprechen laut Experten dafür, dass das aktuelle Corona Virus SARS-CoV-2 ursprünglich eine Fledermaus befallen haben soll. Auch das Schuppentier oder Pangolin genannt, steht unter Verdacht, ein Zwischenwirt für das Virus gewesen zu sein.
Das Schuppentier (Manidae)
Was ein Pangolin überhaupt ist weiß vielleicht nicht jeder, weswegen ich die Möglichkeit nutzen, und dieses beeindruckende Tier kurz vorstellen möchte. Ein Pangolin, auch Schuppentier genannt, ist ein Säugetier, und uns Menschen sind acht verschiedene Arten bekannt. Vier davon leben in Süostasien und vier in Afrika südlich der Sahara.
Größe und Gewicht variieren je nach Art. Das Leibgericht sind Termiten und Ameisen, davon fressen sie bis zu zwei Kilogramm. Die zahnlosen Schuppentiere haben kräftige Krallen und eine bis zu 70 cm lange klebrige Zunge, die sie bei der Suche nach Nahrung unterstützen.
Den Namen verdankt das Schuppentier seinem Kleid aus dreieckigen, kantigen Schuppen. Diese schützen es vor Feinden, und wachsen ständig nach. Bei Gefahr rollt sich das Schuppentier wie ein Igel zusammen, so schützt es sich vor beinahe allen Feinden. Nur der Mensch kann ihm jetzt noch zur Gefahr werden und das tut er.
Illegaler Tierhandel
Schuppentiere zählen zu den am meisten illegal gejagten und geschmuggelten Säugetieren der Welt. Mittlerweile sind alle acht Arten bedroht, obwohl sie unter nationalem und internationalem Schutz stehen.
Seit 2017 ist der kommerzielle Handel von allen acht Schuppentierarten international verboten. Leider wird nur ein geringer Anteil des Schmuggels entdeckt und es gibt wenige Ermittlungen und Festnahmen. Vor allem der Onlinehandel erschwert die Nachverfolgung der geschmuggelten Schuppentiere. Laut WWF wird davon ausgegangen, dass maximal ein Viertel des Schmuggels aufgedeckt wird. Daher brauchen viele Länder schärfere und vor allem einheitliche Gesetze und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung, um den Wildtierhandel global zu stoppen.
Vor allem auf die Schuppen des Schuppentiers haben es manche Menschen abgesehen. Diese werden für medizinische Zwecke verwendet, wobei eine heilvolle Wirkung nicht nachgewiesen ist. Daneben gilt das Fleisch als Delikatesse und die Haut wird zu Leder verarbeitet. Ziel der Schmuggler ist nicht nur Asien, sondern auch die USA und Europa dient als Umschlagplatz.
Wet Markets
Wet Markets wie jener in Wuhan stehen unter Verdacht, Ausgangsort für Covid-19 gewesen zu sein. Laut correctiv kann nicht bestätigt werden, dass die Ursache für den Ausbruch von Covid-19, ein Wildmarkt in Wuhan ist. Doch Indizien sprechen dafür. Dort werden die unterschiedlichsten Tiere übereinander gestapelt, in enge Käfige gedrängt, geschlachtet und ihre Innereien unverdeckt präsentiert. Eine ideale Brutstätte für verschiedenste Arten von Viren und immer wieder neue Mischviren.
Meist können sich die angeblichen Delikatessen, sowieso nur reiche Menschen leisten. Erfreulich ist, dass China ein permanentes Verbot für den Handel und den Konsum von Wildtieren ausgesprochen hat. Experten meinen aber, dieses permanente Verbot muss auch global umgesetzt und strafrechtlich verfolgt werden.
Die industrielle Tierhaltung als Nährboden für multiresistente Keime
In Zeiten wie diesen mit dem Finger auf Länder wie China zu zeigen, und nur ein Land für diese Entwicklung verantwortlich zu machen, halte ich persönlich für falsch und realitätsfern. Schauen wir doch einmal nach Europa:
Auch hier wird oft nicht gut mit Tieren umgegangen. Vor allem die industrielle Tierhaltung mit hohen Besatzdichten in engen Ställen und Käfigen fördert für Menschen gefährliche Erreger. Und als Draufgabe erhalten die Tiere, damit sie nicht krank werden, Unmengen von Antibiotika.
Antibiotika sind der Grund, warum viele von uns Heutzutage zum Beispiel nicht mehr an einer Lungenentzündung sterben müssen. Doch die WHO warnt seit Jahren vor einem „post-antibiotischen“ Zeitalter, indem gängige Antibiotika nicht mehr wirken. Durch die miserablen Verhältnisse, in denen Nutztiere oft leben, kommt es vermehrt zu Krankheiten. Um die Ausbreitung dieser zu vermeiden und die Tiere zu behandeln, bekommen sie noch mehr Antibiotika.
Resistente Keime
Allerdings bleiben resistente Keime zurück, die gegen Antibiotika unempfindlich werden. So wirken die Antibiotika dann auch nicht mehr bei uns Menschen. Bakterien sind zwar nicht das Gleiche wie Viren, und auch wenn die meisten keine Gefahr für uns darstellen, gibt es manche, die zur Bedrohung werden können. Vor allem wenn wir nicht wissen, wie wir sie bekämpfen sollen. Die miserable Tierhaltung ist also auch hier eine Gefahr.
Mengenmäßig sollen in Europa mehr Antibiotika in der Nutztierhaltung, als in der Humanmedizin eingesetzt werden. Umso wichtiger ist es, dass Tiere in der EU ab 2021 keine Reserveantibiotika mehr bekommen sollen, damit die Antibiotikaresistenzen eingedämmt werden können. Doch damit dann in den Ställen nicht die Tiere an den Krankheiten sterben, muss sich die Tierhaltung verbessern.
Die gute Nachricht: Wir können all das ändern
Covid-19 erscheint in vielen Facetten. Neben all den negativen Berichten über Todesopfer, unzählige Infizierte und die Auwirkungen auf die Wirtschaft oder auch die allgemeine Angst und Unsicherheit, die in der Luft liegen, gibt es auch positive Nebenwirkungen. Zum Beispiel, dass sich die Natur zumindest kurzfristig erholen kann.
Jede Krise birgt eine Chance. Aus der jetzigen Herausforderung können wir viel lernen, wie zum Beispiel, dass wir nicht alles kontrollieren können, aber unser Einfluss auf die Welt und die Folgen unserer Handlungen sehr groß sind. Was wir brauchen ist internationaler Zusammenhalt, mehr Arten- und Naturschutz, und einen Fokus auf unsere menschlichen Stärken wie Altruismus und Mitgefühl. In Zeiten wie diesen werden wir uns wieder dessen bewusst, was wichtig im Leben ist. Schützen wir die Schätze dieser Erde, und retten wir uns damit auch selbst.
QUELLEN:
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/coronavirus-zoonose-artenschutz-100.html
www.who.int/drugresistance/documents/surveillancereport/en/
https://www.worldwildlife.org/stories/what-is-a-pangolin
http://www.xinhuanet.com/english/2020-02/07/c_138764153.htm
https://www.nature.com/articles/nature06536
https://www.nationalgeographic.com/animals/2020/02/pangolin-scale-trade-shipments-growing/
https://www.bbc.com/news/science-environment-51310786
https://www.wwf.de/2019/august/schuppenschmuggel-durch-deutschland/